Reisevertrieb

FTI-Insolvenz: Provisionsverlust und Mehrarbeit

Viele Reisebüros sind von der FTI-Insolvenz hart betroffen und müssen hohe finanzielle Einbußen hinnehmen

Viele Reisebüros sind von der FTI-Insolvenz hart betroffen und müssen hohe finanzielle Einbußen hinnehmen. Foto: mg

Die Pleite von FTI sorgt bei Airlines, Hoteliers, Dienstleistern und im Vertrieb einmal mehr für Einnahmeverluste und Mehrarbeit. Vor allem die Reisebüros und Callcenter trifft es erneut heftig: Sie bekommen den Frust der Kunden Eins zu eins zu spüren, können „fremdgegangenen“ Kunden gegenüber zum Teil aber auch punkten.

So hört man immer wieder von Online-Kunden, die sonst am Counter buchen und sich in ihrer Verzweiflung nun an ihr Reisebüro wenden und um Infos und Hilfe bitten. Denn die Hotlines der großen Portale sind überlastet – und die Infos von FTI eher dürftig. „Die aktuelle Situation hat erneut bewiesen, dass eine Buchung im Reisebüro viele Vorteile bietet“, sagt etwa Osman Benzer von Benzer Touristik in Peine.

Geld aus der Insolvenzmasse? Eher unwahrscheinlich

Dennoch gesteht Osman Benzer: „Wir brauchen die Situation nicht schönreden.“ Das hat nicht nur mit der Mehrarbeit zu tun. Auch die finanziellen Folgen sind zum Teil gravierend.

Besonders problematisch ist die FTI-Insolvenz für Reisebüros mit hohen Umsätzen bei den Münchnern: Haben sie im Provisionsvertrag die Auszahlungsart „nach Abreise des Kunden“ gewählt, müssen sie mit hohen Ausfällen rechnen. Aufgrund vergangener Pleiten schätzen Experten, dass gerade einmal rund ein Prozent der ausstehenden Vergütung im Laufe des Insolvenzverfahrens ausgezahlt werden kann.

TVG-Kette trifft es besonders hart

Dem Vernehmen nach sind rund die Hälfte aller Reisebüros von diesen Ausfällen betroffen. Bei Ketten wie LCC dürfte der Anteil geringer sein: Die Zentrale empfahl ihren Büros nach der Einführung der zweigleisigen Strategie von FTI, die Provision direkt nach der Buchung auszahlen zu lassen, heißt es aus dem LCC-Umfeld.

Eine ähnliche Empfehlung gab es für die hauseigenen Franchiser der TVG-Kette offenbar nicht: So entschied sich bei der Vertriebsmarke Sonnenklar TV Reisebüro in etwa die Hälfte der Büros für eine Provisionszahlung nach Abreise des Kunden.

Keine Wahl hatten viele Büros mit erhöhter Grundprovision: Für sie gab es nur die zeitliche versetzte Auszahlungsvariante. Die Verluste sind entsprechend gravierend und können durch Neubuchungen nur zum Teil aufgefangen werden.

Sonnenklar Reisebüros: Verzweiflung und Hoffnung

Während einige Sonnenklar-Büros um ihre Zukunft fürchten, regiert bei anderen der Galgenhumor – oder sogar der Optimismus. „15 Jahre Partnerschaft, 15 Jahre Vertrauen, 15 Jahre Kollegen, die mittlerweile zur Familie gehören – es tut so unfassbar weh“, schrieb etwa Ron-Michael Krysiak, Inhaber des Sonnenklar TV Reisebüros in Dessau, auf Linkedin. Und fügte hinzu: „Da ich zum Glück wirtschaftlich sehr gut aufgestellt bin, geht es mit meinem Reisebüro natürlich ganz normal weiter - aber es wird was fehlen, vieles sogar wird fehlen! Mach’s gut FTI Group.“

Immerhin steht seit vergangenem Freitag fest, wie es organisatorisch weitergeht: In einer Mitteilung gab die Raiffeisen Vertriebs GmbH bekannt, die 50-Prozent-Anteile von FTI zu kaufen und die TVG komplett zu übernehmen.

Forderung nach Provisionsabsicherung

Die hohen Ausfälle vieler Büros lassen unterdessen die Forderung nach einer Provisionsabsicherung für Reisebüros wieder neu aufkommen. Das Thema ist seit Jahren im Gespräch, zuletzt wurde die Forderung im Januar 2023 durch den VUSR nach einer Anhörung zum Reisesicherungsfonds im Tourismusausschuss des Deutschen Bundestages thematisiert.

Dazu sei man bereit, auch einen Beitrag zur Absicherung zu leisten, erklärt damals VUSR-Chefin Marija Linnhoff. Es sei „schwer nachvollziehbar, dass die Reisebüros auf dem Schaden durch Insolvenzen im Veranstalterbereich sitzen bleiben sollen".

Aus Sicht des Reisebüro-Verbands müsste die Provisionsabsicherung Teil der Kundengeldabsicherung im Rahmen des Deutschen Reisesicherungsfonds (DRSF) sein.  Diese Idee ist für viele Teile der Branche jedoch hoffnungslos: Der DRSF sei ausschließlich für angezahlte Kundengelder da – und nicht dafür, Ausfälle für Firmen abzusichern. Dafür müssten entsprechende Versicherungsangebote geschaffen werden. Und die wiederum würden für Reisebüros teuer ausfallen. „Es ist hoffnungslos, dabei auf Unterstützung durch die Veranstalter zu rechnen. Denn unsere Kosten für den DRSF sind bereits enorm“, so der Vertriebsdirektor eines großen Veranstalters gegenüber touristik aktuell.

Einen Überblick zu allen News und Hintergründen zur Insolvenz von FTI sowie einen ausführlichen Überblick über Alternativangebote anderer Veranstalter finden Sie unter www.touristik-aktuell.de/fti.

 
Matthias Gürtler