USA

Den Gründervätern auf der Spur

Thomas Jeffersons Landsitz Monticello ist ein Nationaldenkmal

Thomas Jeffersons Landsitz Monticello ist ein Nationaldenkmal. Foto: rie

Eine historische Reise durch die Bundesstaaten Virginia und Pennsylvania

Eine Statue von Thomas Jefferson an der Universität 
in Charlottesville

Eine Statue von Thomas Jefferson an der Universität 
in Charlottesville. Foto: rie

Hier wurden die 
USA geboren: die Independence Hall in Philadelphia

Hier wurden die 
USA geboren: die Independence Hall in Philadelphia. Foto: rie

Schauriges ­Kriegsgedenken: der Militärpark in Gettysburg

Schauriges ­Kriegsgedenken: der Militärpark
in Gettysburg. Foto: rie

Wussten Sie eigentlich, dass Thomas Jefferson ein Fan des deutschen Weines war? Seine Verehrung ging sogar so weit, dass der dritte US-Präsident Ende des 18. Jahrhunderts, als er noch Botschafter in Frankreich war, während eines Frankfurt-Besuchs einen Abstecher in das Rheingau-Städtchen Hochheim am Main machte. Dort nahm er 100 Rebstöcke vom örtlichen Wein mit, um sie in seinen Pariser Garten zu pflanzen.

Ob Jefferson die Hochheimer Reben schließlich auch mit nach Übersee nahm, konnte nie geklärt werden. Sicher ist aber, dass er dort Wein angebaut hat, und zwar auf seinem berühmten Landsitz Monticello im Bundesstaat Virginia.

Aufschlag in Monticello

Davon kann sich auch heute noch jeder überzeugen. Aber das Unesco-geschützte Nationaldenkmal ist weit mehr als ein klassizistisches Herrenhaus samt schöner Park- und Gartenanlagen. Es war seinerzeit Heimat und Rückzugsort eines der bekanntesten Staatsmänner, der als Gründervater und Hauptverfasser der Unabhängigkeitserklärung die Entstehung der Vereinigten Staaten entscheidend geprägt hat. Deshalb ist Monticello auch ein guter Auftakt für eine Tour zu den Wurzeln der USA.

So ist bei einer Führung durch das Anwesen viel über die politischen Ideen Jeffersons zu erfahren – etwa seine Ideale von Freiheit und Menschenrechten, die Eingang in die „Declaration of Independence“ fanden, mit der sich am 4. Juli 1776 in Philadelphia ein rundes Dutzend Kolonien von Großbritannien losgesagt hatten. Damit ist auch schon vorgezeichnet, wohin die Reise von Virginia aus letztlich führen wird: in die Geburtsstätte Amerikas im Südosten von Pennsylvania.

Aber zunächst sollten geschichtsinteressierte Gäste noch ein wenig in der Region bleiben. Denn eine eindrucksvolle Hinterlassenschaft des Gründervaters ist auch in der an Monticello angrenzenden Stadt Charlottesville zu finden. Mit der University of Virginia wurde unter der Federführung von Jefferson im frühen 19. Jahrhundert eine der schönsten Hochschulen des Landes gebaut. Und auf der grünen Wiese des Campus inmitten altehrwürdiger Bauten kann man sich vor der Weiterfahrt noch einmal so richtig entspannen.

Blutige Schlacht in Gettysburg

Das ist auch ratsam, weil die nächste Station – historisch gesehen – weitaus unangenehmer ist. Sie hat weniger mit der Staatsgründung zu tun und steht doch für eine prägende Wegmarke in der US-Geschichte: den Bürgerkrieg zwischen Nord- und Südstaaten, der drei bis vier Autostunden nördlich von Charlottesville einen blutigen Höhepunkt gefunden hat.

Die Schlacht von Gettysburg, bei der 1863 tausende von Soldaten in nur drei Juli-Tagen ihr Leben ließen, ist bei einer Tour durch den National Military Park nahe der Kleinstadt in Pennsylvania allgegenwärtig: Massengräber, Kanonen und dutzende Monumente, die an die Gefallenen 
erinnern. Heute ist es schwer vorstellbar, dass dort ein solches Gemetzel stattgefunden hat.

Aber zurück zu den Gründervätern. „Alle wissen, dass Thomas Jefferson der Vater der Unabhängigkeitserklärung ist. Aber fast keiner weiß, dass sein Nachfolger als Präsident, James Madison, Vater der amerikanischen Verfassung ist“, klärt uns Stadtführer Kyle auf, während wir zwei Tage später in Philadelphia vor der Independence Hall stehen. Ebenso scheint es ihn zu stören, dass der 4. Juli zu den wichtigsten Feiertagen in den USA gehört, aber der 17. September 1787 als Geburtstag der Verfassung quasi ignoriert wird.

Geburtsstätte der USA

Kyles Befindlichkeiten treten jedoch schnell in den Hintergrund, sobald man voller Ehrfurcht das Backsteingebäude betritt, in dem beide 
Dokumente unterzeichnet wurden. Das Pennsylvania State House, wie das Gebäude seinerzeit noch hieß, befindet sich zu 90 Prozent im Originalzustand, selbst Möbel und Inventar sind zum größten Teil erhalten geblieben. Es scheint, als hätten erst gestern George Washington, Benjamin Franklin & Co hier zusammengesessen und debattiert.

Und dieser Hauch der Geschichte umweht mehrere Schauplätze des viel besuchten Independence National Historical Parks in Philadelphias 
Innenstadt – selbst, wenn die ikonische Liberty Bell, die zur Verlesung der Unabhängigkeitserklärung geläutet wurde, heute stumm bleibt. Sie würde mit ihrem mindestens genauso berühmten Riss im Klangkörper, dessen Ursache bis heute ein Mysterium ist, wohl auch nicht mehr wirklich gut klingen.

Thomas Riebesehl